Schnell erklärt: Warum verschenkte der byzantinische Kaiser zwei Rehe?


Schnell erklärt: Warum verschenkte der Byzantinische Kaiser zwei Rehe?

Im Jahr 968 schickte Kaiser Otto der Große den Bischof Luitprand von Cremona auf eine wichtige diplomatische Mission an den Hof des byzantinischen Kaisers Nikephoros II. Phokas: Luitprand sollte eine byzantinische Prinzessin als Braut für den Sohn Ottos des Großen finden.

Doch Luitprand kehrte ohne Braut zurück. Dafür hatte er zwei Rehe als Geschenk des byzantinischen Kaisers für Otto den Großen dabei. Was war passiert?


Luitprand von Cremona am Hof des byzantinischen Kaisers

Luitprand von Cremona war 968 nicht das erste Mal in Byzanz. Er hatte bereits 949/950 im Auftrag König Berengars von Italien eine Gesandtschaftsreise an den Kaiserhof unternommen. Dank seines Wissens über den byzantinischen Hof und seiner guten Griechischkenntnisse war Luitprand deshalb perfekt geeignet, um für Ottos Sohn auf Brautschau nach Byzanz zu reisen.

In Byzanz herrscht damals Nikephoros II. Phokas - und der hält sich für den alleinigen und einzigen römischen Kaiser. Für Otto den Großen, der für sich ebenfalls den Rang eines Kaiser beanspruchte, hatte Nikephoros nur Spott übrig. Entsprechend enttäuschend verläuft der Aufenthalt Luitprands in Byzanz.

Die Byzantiner nutzen jeder Gelgenheit, um Luitprand demonstrativ zu beleidigen und zu erniedrigen. Bei Tisch erhält er einen schlechten Sitzplatz, Empfang und Verabschiedung verlaufen ebenfalls demütigend für Luitprand. Und auch die Rehe als Geschenk sind eine weiter Beleidigung Kaiser Ottos und Luitprands.

Die Bedeutung des kaiserlichen Geschenks

Denn Geschenke waren im Mittelalter auch immer ein Zeichen des Verhältnisses zwischen Schenkendem und Beschenkten. Gute Beziehungen wurden durch entsprechende Geschenke ausgedrückt. Doch auch bewusste Provokationen waren durch die Übergabe von Geschenken möglich - wie im Fall der Rehe.

Luitprand hatte in einem Gespräch am byzantinischen Hof nämlich angedeutet, dass wilde Esel ein sehr interessantes Geschenk für Kaiser Otto den Großen wären, da es diese Tiere in Sachsen nicht gebe.

Als Luitprand dann zwei Rehe erhält - also Tiere, die in Sachsen damals alles andere als selten waren - brüskierte der byzantinische Kaiser auf subtile Art den Gesandten Ottos und zeigte, welch niedrigen Rang er Kaiser Otto zuerkennt.

Wer mehr zur Funktion von Geschenken im Mittelalter erfahren möchte, dem sei die Lektüre von Gerd Althoff: Verwandte, Freunde und Getreue: Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindung im frühen Mittelalter, Darmstadt 1990 ans Herz gelegt!