Die Kaiserkrönung Konrads II. und der Streit zweier Erzbischöfe

Am Ostersonntag des Jahres 1027 erlebt Rom eine der prachtvollsten Kaiserkrönungen des Mittelalters. König Konrad II., seit 10...

Am Ostersonntag des Jahres 1027 erlebt Rom eine der prachtvollsten Kaiserkrönungen des Mittelalters. König Konrad II., seit 1024 König des Ostfrankenreichs und erster Salier auf dem Königsthron, wird von Papst Johannes XIX. in einer feierlichen Zeremonie die Kaiserkrone aufs Haupt gesetzt. Dem glanzvollen Krönungsakt in der alten Petersbasilika wohnen zahlreiche ranghohe Teilnehmer bei: Neben König Rudolf III. von Burgund und König Knut dem Großen von England, Dänemark und Norwegen befinden sich auch der Abt Odilo von Cluny sowie viele Erzbischöfe unter den Anwesenden. Ausgerechnet zwei Erzbischöfe sorgen durch einen Streit jedoch dafür , dass die Kaiserkrönung fast im blutigen Fiasko endet!

Die Reichskrone mit der auch Kaiser Konrad II. gekrönt wurde (Abbildung: Wikimedia Commons)

Konrad II. in Rom

Zu Beginn der mehrtägigen Feierlichkeiten anlässlich der Kaiserkrönung läuft noch alles reibungslos: König Konrad II. zieht feierlich in Rom ein und wird von den Römern ehrenvoll empfangen. Am Morgen des 26. März 1027 zieht Konrad dann in einer feierlichen Prozession zur Petersbasilika, wo der Papst vor der Kirche schon auf ihn wartet. Papst und König begrüßen sich und Konrad verspricht, den Papst und die Kirche als Kaiser zu schützen. Daraufhin begibt sich der Papst ins Innere der Kirche, Konrad soll ihm nachfolgen.

Ein Streit um Rang und Ansehen

Plötzlich ergreift jetzt der Erzbischof Heribert von Ravenna die rechte Hand des Königs und führt Konrad in die Kirche. Eigentlich hätte diese ehrenvolle Aufgabe dem Erzbischof von Mailand zugestanden. Doch mit dem befindet sich der Erzbischof von Ravenna seit langem im Konflikt. Die Eigenmächtigkeit Heriberts ist ein gezielter Angriff mit großer politischen Brisanz: Die Gesellschaft des Mittelalters ist streng nach Rang und Status geordnet. Jeder Herrscher, jeder Fürst, jeder Bischof – sie alle sind sehr genau darauf bedacht, den von ihnen beanspruchten Rang zu behaupten. Erzbischof Heribert von Ravenna usurpiert bei der Krönungszeremonie kurzerhand die Funktion des Mailänder Erzbischofs. So macht er auf symbolische Weise deutlich, dass in seinen Augen das Erzbistum Ravenna im Rang über der Mailänder Kirche steht.

Verhärtete Fronten zwischen Ravenna und Mailand

Die Anhänger Erzbischof Ariberts sind entsetzt – und offenbar zum gewaltsamen Widerstand gegen diese Herabstufung des Mailänder Erzbischofs bereit. Der Geschichtsschreiber Arnulf von Mailand berichtet, Aribert habe sofort die Kirche verlassen, um eventuelle Handgreiflichkeiten zwischen seinen Getreuen und den Anhängern des Erzbischofs von Ravenna zu verhindern. Gleichzeitig lässt sich hier eine der „Spielregeln“ der mittelalterlichen Politik erkennen: Aribert entfernt sich und demonstriert damit eindringlich seine Unzufriedenheit. Ein Verbleib in der Kirche käme dagegen einer implizierten Zustimmung zum Geschehen gleich. König Konrad II. bemerkt den tumultartigen Auszug von Aribert und seinem Gefolge aus der Kirche – nun ist es an Konrad, für einen Kompromiss zu sorgen, um die Kaiserkrönung nicht platzen zu lassen.

Die Reichskrone mit der auch Kaiser Konrad II.
gekrönt wurde (Abbildung: Wikimedia Commons)

Der König in der Zwickmühle

Konrad steht vor einem Problem: Er muss eine Entscheidung treffen, die beide Erzbischöfe zufrieden stellt und bei der alle Parteien ihr Gesicht wahren können. Bleibt bei einem der beiden Erzbischöfe das Gefühl zurück, dass sein beanspruchter Rang nicht genügend berücksichtigt wurde, so kann das im schlimmsten Fall zu blutigen Kämpfen führen. Konrad berät sich mit dem Papst und einigen Bischöfen und kommt zu einer tragfähigen Lösung, die Rücksicht auf den Erzbischof von Mailand nimmt, denn der ist Konrads wichtigster Verbündeter in Italien.

Drittes Kaisersiegel Konrads II. (Quelle: Wikimedia Commons)

Konrad findet einen Kompromiss

Konrad entscheidet sich für eine Wiederholung der Zeremonie: Er begibt sich erneut vor die Kirche und lässt sich dieses Mal vom Bischof von Vercelli, einem Geistlichen aus Mailand, in die Basilika geleiten. Auf diese Weise nimmt Konrad Rücksicht auf den Rang seines Mailänder Verbündeten und ermöglicht so die Fortsetzung der Kaiserkrönung. Dauerhaft gelöst war der Rangstreit zwischen den Erzbischöfen in Italien damit jedoch noch nicht: Im Jahr 1047 streiten sich die Erzbischöfe von Mailand und Ravenna auf der Synode von Sutri um die Sitzordnung. Wieder geht es darum, auf symbolische Weise den beanspruchten Rang zu behaupten – in diesem Fall kann sich der Erzbischof von Ravenna durchsetzen. Solche Streitigkeiten und ihre Lösung sind gute Beispiele für die Bedeutung sowohl von Rang und Ansehen als auch von symbolischen Handlungen und Gesten im politischen Leben des Mittelalters. Selbst scheinbar unbedeutende Dinge wie das Halten einer Hand enthielten im Mittelalter ein erhebliches Konfliktpotential.

Literatur

Wolfram, Herwig: Konrad II. (990–1039). Kaiser dreier Reiche, München 2000.
Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. (um 990 – 1039). Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers, Regensburg 1998.
Althoff, Gerd: Spielregeln der Politik im Mittelalter. Kommunikation in Frieden und Fehde, 2. Aufl., Darmstadt 2014, S. 294-297.

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